Aktenlage zum „Sondergebiet Rinderzuchtverband“

Anfang September habe ich einen Antrag auf Akteneinsicht in der Sache „Sondergebiet Rinderzuchtverband“ gestellt. Heute fand diese Akteneinsicht statt. Ich darf inhaltlich darüber berichten. Zur Verfügung standen mir alle Unterlagen, die dem Stadtrat für die jeweiligen Stadtrats und Ausschusssitzungen vorlagen. Vielen Dank an alle, die im Vorlauf ihre Fragen mit mir geteilt haben. Ein kurzer Überblick über das Ergebnis:

30min – mehr war auch nicht nötig: Der Stadtrat weiß kaum mehr als die Öffentlichkeit

Meine erste Frage war: Wieviel Zeit habe ich für die Einsicht? 30min – Zunächst dachte ich, dass ich postwendend einen zweiten, längeren Termin fordern werde. Was mich aber am meisten überrascht hat: die Unterlagen, die dem Stadtrat zur Verfügung stehen, erlauben kaum eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem Vorhaben. Ich habe keinerlei Informationen zu Alternativen und deren Abwägung, sowie zur langfristigen Planung gefunden – weder was Wolkersdorf anbelangt noch das Areal am Festplatz. Es wirkt auf mich weiterhin wie eine Einzelentscheidung ohne klares Ziel für die Stadtentwicklung. Nun zu den Fragen im Detail.

„Sondergebiet Rinderzuchtverband“: Von der Stadt Traunstein initiiert, als alternativlos dargestellt

Von wem geht dieses Vorhaben aus?

Der Ursprung liegt in Gesprächen zwischen Verwaltung und RZV. Der konkrete Vorschlag (Ablösung des Erbbaurechts inkl. Rückbaukosten und Bildung eines Sondergebiets Rinderzuchtverband) kommt von der Stadt Traunstein – nicht vom RZV.

Wurden flächensparende Alternativen in Betracht gezogen, geprüft oder besprochen?

Nein. Die Beschlussvorlagen besagen, dass der Rinderzuchtverband zu der Einschätzung gelangt ist, dass der aktuelle Standort nicht „zukunftsfähig“ sei. So hohe Investitionen wie für den Neubau der Halle „möchte“ man nur auf eigenem Grund durchführen. Es wird vom „Mangel an Alternativstandorten“ gesprochen ohne zu nennen, welche den berücksichtigt wurden. Es wird auch mit keinem Detail erklärt warum ein Neubau auf dem Grundstück am Festplatz ausscheidet. Das Erbbaurecht läuft aktuell noch bis 2060 – 40 Jahre.

Wurde die Stadtteilentwicklung von Wolkersdorf berücksichtigt?

Jain. In der ersten Sitzungsrunde war die Rede davon sowohl das besagte Grundstück als auch ein anliegendes Grundstück des Landkreises zum Gewerbegebiet zu erklären. D.h. die ursprüngliche Planung ging tatsächlich darüber hinaus hier nur für den Rinderzuchtverband eine Fläche zu schaffen und es wurde schon von Flächen für weitere kleine Betriebe gesprochen. Im selben Atemzug wurde auch die bisherige Planung von Wohnbebauung aus dem Flächennutzungsplan in Frage gestellt. Darüberhinaus wird auch erwähnt, dass die Umgehungstrasse, die mal auf Kreisebene angedacht war, nicht mehr vom Landkreis verfolgt wird (und daher diese Fläche jetzt auch für eine Bebauung genutzt werden kann).

Wie sieht der aktuelle Plan aus?

Mittlerweile wird das nördlich angrenzende Grundstück wieder für Wohnbebauung eingeplant (wie es bereits im Flächennutzungsplan der Fall ist) und das „RZV Grundstück“ wird jetzt nicht mehr in der westlichen Hälfte bebaut, sondern über die gesamte Breite in der südlichen Hälfte. An der Fläche (15.000 m²) ändert sich nichts.

Hat die Bürgerinitiative falsche Angaben über die geplante Größe gemacht?

Nein. Der Bürgerinitiative wurde vorgeworfen mit falschen Zahlen zu hantieren: Es ginge um 15.000 m² – nicht um 17.000 m². Es mag sein, dass es mittlerweile um 15.000m² geht – aber eine Falschdarstellung war das nicht. Die Stadtratsunterlagen enthalten einen Lageplan, auf dem explizit eine Fläche von ca. 17.000 m² genannt ist.

Warum werden aktuelle Pläne nicht transparent geteilt?

Mein Eindruck ist, dass die Stadt einen antiquierten Hang zur Heimlichtuerei hat. Man will sich, glaube ich, nicht gerne in die Karten schauen lassen. Die Stadt gibt ohnehin die Stadtratsunterlagen an die Presse weiter und Bürger wie ich dürfen sie ohnehin auf Antrag einsehen – man könnte sie also eigentlich für jedermann öffentlich zugänglich machen. Ist mit der Software, die die Stadt verwendet auch so ziemlich mit einem Knopfdruck möglich.

Warum werden die Parzellen 80 und 82 in Zukunft nicht mehr für Wohnbebauung vorgesehen?

Das ist nicht mehr komplett der Fall. Soweit ich das verstehe ist bei 80 jetzt keine Änderung mehr geplant und 82 ist jeweils zur Hälfte RZV und Wohnbebauung. Aber zur Erinnerung: Bisher sind all diese Flächen für allgemeine Wohnbebauung im Flächennutzungsplan vorgesehen. Man sieht an diesem Hin-und-her aber auch, dass dieses Sondergebiet keiner strategischen Planung folgt.

Was sagt der Landkreis als Nachbar zur Umwidmung von WA zu GEe?

Da die Umwidmung nicht mehr geplant ist, ist es hinfällig. Aber auf Anfrage hieß es der Landkreis wäre wohl einverstanden gewesen.

Wie geht es weiter?

Der Stadtrat wird am 24. Oktober über das weitere Vorgehen entscheiden. Die Beschlussvorlage wird vermutlich – trotz der Ablehnung im Planungsausschuss – darauf lauten a) die Pläne weiter zu verfolgen und b) Gutachten einzuholen.

Festplatz: Unklar wie die Fläche genutzt werden soll

Was sind die Pläne der Stadt zur weiteren Nutzung der Chiemgau Halle?

Unklar. Der Stadtrat hat keine Informationen darüber, was (und ob etwas) mit der Fläche auf dem Festplatz geplant ist. Das Erbbaurecht wurde erst 2017 verlängert und besteht bis 2060.

Was zahlt die Stadt wofür, was zahlt der RZV?

Das sind die einzigen Zahlen, die aus den Unterlagen entfernt wurden. Mit Hinweis auf laufende Verhandlungen.

Warum muss die Stadt €350.000 Ablöse für das Erbbaurecht zahlen?

Teil des Plans ist ja, dass die Stadt den bestehenden Erbbaurechtvertrag mit dem RZV auflöst um über das Grundstück auf dem Festplatz frei verfügen zu können. Auf Anfrage hieß es: Eine Ablöse wäre zwar nicht verpflichtend einzufordern, aber wenn der RZV ohne Ablöse das Erbbaurecht an die Stadt zurückgebe, so wäre das eine Schenkung.

Warum trägt die Stadt die Rückbaukosten für die Chiemgau Halle?

Keine Informationen.

Warum kann es sich die Stadt leisten auf 15.000m² Wohnbaufläche im Wert von mehreren Millionen Euro zu verzichten?

Keine Informationen.

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